Sachsen-Anhalt
Informationszugangsgesetz Sachsen-Anhalt
(IZG LSA)
Vom 19. Juni 2008
§ 1 Grundsatz
(1) Jeder
hat nach Maßgabe dieses Gesetzes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen
Informationen gegenüber
1. den Behörden
a) des Landes,
b) der Kommunen und
Gemeindeverbände sowie
c) der der Aufsicht des Landes
unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen
Rechts und
2. den sonstigen Organen und
Einrichtungen des Landes, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben
wahrnehmen.
Einer Behörde im Sinne dieser
Vorschrift steht eine natürliche Person oder juristische Person des
Privatrechts gleich, soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung
ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient.
(2) Die
Stelle nach Absatz 1 Satz 1 kann Auskunft erteilen, Akteneinsicht gewähren oder
Informationen in sonstiger Weise zur Verfügung stellen. Begehrt der
Antragsteller eine bestimmte Art des Informationszugangs, so darf dieser nur aus
wichtigem Grund auf andere Art gewährt werden. Als wichtiger Grund gilt
insbesondere ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand.
(3)
Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen
Informationen gehen vor. Dies gilt nicht in den Fällen nach § 1 Abs. 1 Satz 1
des Verwaltungsverfahrensgesetzes Sachsen-Anhalt in Verbindung mit § 29 des
Verwaltungsverfahrensgesetzes.
§ 2 Begriffsbestimmungen
Im Sinne
dieses Gesetzes ist
1. amtliche Information: jede
amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer
Speicherung. Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden
sollen, gehören nicht dazu;
2. Dritter: jeder, über den
personenbezogene Daten oder sonstige Informationen vorliegen.
§ 3 Schutz von besonderen öffentlichen
Belangen
(1) Der
Anspruch auf Informationszugang besteht nicht,
1. wenn das Bekanntwerden der
Information nachteilige Auswirkungen haben kann auf
a) internationale Beziehungen,
Beziehungen zum Bund oder einem Land,
b) Belange der inneren oder äußeren
Sicherheit,
c) Kontroll- oder
Aufsichtsaufgaben der Finanz-, Versicherungsaufsichts-, Wettbewerbs- und
Regulierungsbehörden,
d) Angelegenheiten der externen
Finanzkontrolle,
e) die Durchführung eines anhängigen
Gerichtsverfahrens, den Anspruch einer Person auf ein faires Verfahren oder die
Durchführung strafrechtlicher, ordnungswidrigkeitsrechtlicher oder
disziplinarischer Ermittlungen,
2. wenn das Bekanntwerden der
Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann,
3. wenn und solange die
Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden,
4. wenn die Information einer
durch Rechtsvorschrift oder durch die Verschlusssachenanweisung für das Land
Sachsen-Anhalt geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder
einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt,
5. hinsichtlich vorübergehend
beigezogener Information einer anderen öffentlichen Stelle, die nicht
Bestandteil der eigenen Vorgänge werden soll,
6. wenn das Bekanntwerden der
Information geeignet wäre, fiskalische Interessen der in § 1 Abs. 1 Satz 1
genannten Stellen im Wirtschaftsverkehr oder wirtschaftliche Interessen der
Sozialversicherungen zu beeinträchtigen,
7. bei vertraulich erhobener
oder übermittelter Information, soweit das Interesse des Dritten an einer
vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang noch
fortbesteht,
8. gegenüber der
Verfassungsschutzbehörde sowie anderen in § 1 Abs. 1 Satz 1 genannten Stellen,
soweit sie sicherheitsempfindliche Aufgaben im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 und
Abs. 2 des Sicherheitsüberprüfungs- und Geheimschutzgesetzes vom 26. Januar
2006 (GVBl. LSA S. 12, 14) wahrnehmen,
9. gegenüber Hochschulen,
Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen, einschließlich solcher
Einrichtungen, die zum Transfer von Forschungsergebnissen gegründet wurden,
soweit sie wissenschaftlich tätig sind,
10. gegenüber der
Medienanstalt Sachsen-Anhalt, soweit es die Aufsicht über die
Rundfunkveranstalter betrifft, und gegenüber den öffentlich-rechtlichen
Rundfunkveranstaltern in Bezug auf journalistisch-redaktionelle Informationen
sowie
11. gegenüber Finanzbehörden
im Sinne des § 2 des Finanzverwaltungsgesetzes, soweit sie in Verfahren in
Steuersachen tätig werden.
(2) Der
Antrag auf Informationszugang soll abgelehnt werden, wenn in anderen als in
Absatz 1 oder § 4 geregelten Fällen die ordnungsgemäße Erfüllung der
Aufgaben der öffentlichen Stellen erheblich beeinträchtigt würde, es sei
denn, dass das Interesse an der Einsichtnahme das entgegenstehende öffentliche
Interesse im Einzelfall überwiegt.
§ 4 Schutz des behördlichen
Entscheidungsprozesses
(1) Der
Antrag auf Informationszugang soll für Entwürfe zu Entscheidungen sowie
Arbeiten und Beschlüsse zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung abgelehnt werden,
soweit und solange durch die vorzeitige Bekanntgabe der Informationen der Erfolg
der Entscheidung oder bevorstehender behördlicher Maßnahmen vereitelt würde.
Nicht der unmittelbaren Entscheidungsvorbereitung nach Satz 1 dienen in der
Regel Ergebnisse der Beweiserhebung und Gutachten oder Stellungnahmen Dritter.
(2) Der
Antragsteller soll über den Abschluss des jeweiligen Verfahrens informiert
werden.
§ 5 Schutz personenbezogener
Daten
(1) Zugang
zu personenbezogenen Daten darf nur gewährt werden, soweit das
Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des
Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte
eingewilligt hat. Personenbezogene Daten besonderer Art im Sinne des § 2 Abs. 1
Satz 2 des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger dürfen nur
übermittelt werden, wenn der Dritte ausdrücklich eingewilligt hat.
(2) Das
Informationsinteresse des Antragstellers überwiegt nicht bei Informationen aus
Unterlagen, soweit sie mit dem Dienst- oder Amtsverhältnis oder einem Mandat
des Dritten in Zusammenhang stehen, und bei Informationen, die einem Berufs-
oder Amtsgeheimnis unterliegen.
(3) Das
Informationsinteresse des Antragstellers überwiegt das schutzwürdige Interesse
des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs in der Regel dann, wenn sich
die Angabe auf Name, Titel, akademischen Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung,
Büroanschrift und -telekommunikationsnummer beschränkt und der Dritte als
Gutachter, Sachverständiger oder in vergleichbarer Weise eine Stellungnahme in
einem Verfahren abgegeben hat oder abgeben soll.
(4) Name,
Titel, akademischer Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und
-telekommunikationsnummervon Bearbeitern sind vom Informationszugang nicht
ausgeschlossen, soweit sie Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit sind und
kein Ausnahmetatbestand erfüllt ist.
§ 6 Schutz des geistigen
Eigentums und von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen
Der
Anspruch auf Informationszugang besteht nicht, soweit der Schutz geistigen
Eigentums entgegensteht. Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen darf
nur gewährt werden, soweit der Betroffene eingewilligt hat.
§ 7 Antrag und Verfahren
(1) Über
den Antrag auf Informationszugang entscheidet die Stelle nach § 1 Abs. 1 Satz
1, die zur Verfügung über die begehrten Informationen berechtigt ist. Im Falle
des § 1 Abs. 1 Satz 2 ist der Antrag an die Stelle nach § 1 Abs. 1 Satz 1 zu
richten, die sich der natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts zur
Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient. Betrifft der Antrag
Daten Dritter im Sinne von § 5 Abs. 1 und 2 oder § 6, muss er begründet
werden. Bei gleichförmigen Anträgen von mehr als 50 Personen gilt § 1 Abs. 1
Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes Sachsen-Anhalt in Verbindung mit den
§§ 17 bis 19 des Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend.
(2) Besteht
ein Anspruch auf Informationszugang zum Teil, ist dem Antrag in dem Umfang
stattzugeben, in dem der Informationszugang ohne Preisgabe der nach den §§ 3
bis 6 nicht zugänglich zu machenden Informationen oder ohne unverhältnismäßigen
Verwaltungsaufwand möglich ist. Entsprechendes gilt, wenn sich der
Antragsteller in den Fällen, in denen Belange Dritter berührt sind, mit einer
Unkenntlichmachung der diesbezüglichen Informationen einverstanden erklärt.
(3) Auskünfte
können mündlich, schriftlich oder elektronisch erteilt werden. Die Stelle nach
§ 1 Abs. 1 Satz 1 ist nicht verpflichtet, die inhaltliche Richtigkeit der
Information zu prüfen.
(4) Im Fall
der Einsichtnahme in amtliche Informationen kann sich der Antragsteller Notizen
machen oder Ablichtungen und Ausdrucke fertigen lassen. § 6 Satz 1 bleibt unberührt.
(5) Die
Information ist dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Belange unverzüglich
zugänglich zu machen. Der Informationszugang soll innerhalb eines Monats
erfolgen. § 8 bleibt unberührt.
§ 8 Verfahren bei Beteiligung
Dritter
(1) Die
Stelle nach § 1 Abs. 1 Satz 1 gibt einem Dritten, dessen Belange durch den
Antrag auf Informationszugang berührt sind, schriftlich Gelegenheit zur
Stellungnahmeinnerhalb eines Monats, sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass
er ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs haben
kann.
(2) Die
Entscheidung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 ergeht schriftlich und ist auch dem Dritten
bekannt zu geben. Der Informationszugang darf erst erfolgen, wenn die
Entscheidung dem Dritten gegenüber bestandskräftig ist oder die sofortige
Vollziehung angeordnet worden ist und seit der Bekanntgabe der Anordnung an den
Dritten zwei Wochen verstrichen sind. § 9 Abs. 3 gilt entsprechend.
§ 9 Ablehnung des Antrags;
Rechtsweg
(1) Die
Bekanntgabe einer Entscheidung, mit der der Antrag ganz oder teilweise abgelehnt
wird, hat innerhalb der Frist nach § 7 Abs. 5 Satz 2 und 3 schriftlich zu
erfolgen.
(2) Der
Antrag kann abgelehnt werden, wenn der Antragsteller bereits über die begehrten
Informationen verfügt oder sich diese in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen
Quellen beschaffen kann.
(3) Gegen
die ablehnende Entscheidung sind Widerspruch und Verpflichtungsklage zulässig.
Ein Widerspruchsverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der
Verwaltungsgerichtsordnung ist auch dann durchzuführen, wenn die Entscheidung
von einer obersten Landesbehörde getroffen wurde. § 8 a des Gesetzes zur Ausführung
der Verwaltungsgerichtsordnung und des Bundesdisziplinargesetzes findet keine
Anwendung.
§ 10 Verwaltungskosten
(1) Für
die Durchführung dieses Gesetzes werden Verwaltungskosten (Gebühren und
Auslagen) erhoben. § 1 Abs. 1 Satz 2, § 3 Abs. 2, die §§ 4 bis 10 sowie die
§§ 12 bis 14 des Verwaltungskostengesetzes des Landes Sachsen- Anhalt gelten
entsprechend, soweit nachstehend nichts Abweichendes bestimmt ist.
(2) Die
Gebühr schließt Verwaltungskosten oder Entgelte, die für eine
Weiterverwendung im Sinne des § 2 Nr. 3 des
Informationsweiterverwendungsgesetzes vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2913) in
der jeweils geltenden Fassung erhoben werden können, nicht ein.
(3) Das
Ministerium des Innern wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Ministerium der
Finanzen für Amtshandlungen nach diesem Gesetz die Gebührentatbestände und
Gebührensätze sowie die Pauschalbeträge für Auslagen im Sinne des § 14 Abs.
2 Nr. 8 des Verwaltungskostengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt durch Verordnung
zu bestimmen.
§ 11 Veröffentlichungspflichten
(1) Die
Stellen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 sollen Verzeichnisse führen, aus denen sich die
vorhandenen Informationssammlungen und -zwecke erkennen lassen.
(2)
Organisations- und Aktenpläne ohne Angabe personenbezogener Daten sind nach Maßgabe
dieses Gesetzes allgemein zugänglich zu machen.
(3) Die
Stellen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 sollen die in den Absätzen 1 und 2 genannten Pläne
und Verzeichnisse sowie andere geeignete Informationen in elektronischer Form
allgemein zugänglich machen.
§ 12 Landesbeauftragter für
die Informationsfreiheit
(1) Jeder
kann den Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit anrufen, wenn er sich
in seinen Rechten nach diesem Gesetz verletzt sieht.
(2) Die
Aufgabe des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit wird vom
Landesbeauftragten für den Datenschutz wahrgenommen.
(3) § 21
Abs. 3 und die §§ 22 bis 24 des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten
der Bürger gelten entsprechend.
§ 13 Sprachliche
Gleichstellung
Personen-
und Funktionsbezeichnungen gelten jeweils in weiblicher und männlicher Form.
§ 14 Einschränkung von
Grundrechten
Durch
dieses Gesetz wird das Recht auf Schutz personenbezogener Daten im Sinne des
Artikels 6 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt eingeschränkt.
§ 15 Überprüfung der
Auswirkungen des Gesetzes
Die
Auswirkungen dieses Gesetzes werden nach einem Erfahrungszeitraum von fünf
Jahren durch die Landesregierung unter Mitwirkung der kommunalen Spitzenverbände
und gegebenenfalls weiterer Sachverständiger überprüft. Die Landesregierung
berichtet dem Landtag über das Ergebnis der Evaluierung.
§ 16 Inkrafttreten
(1) Dieses
Gesetz tritt vorbehaltlich des Absatzes 2 am ersten Tage des vierten auf die
Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft.
(2) § 10
Abs. 3 tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
Magdeburg,
den 19. Juni 2008.
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